Forests and People Network

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Gemeinschaftsbasierter Naturschutz - Community based Conservation

Auch heute noch leben auf 25% der globalen Landmasse indigene Völker in meist nachhaltiger Form auf ihren jeweiligen Gebieten. Rechnet man lokale, ihr Land extensiv und oft auch kollektiv bewirtschaftende Dorfgemeinschaften hinzu, kommt man sogar auf fast 50% der globalen Landfläche (Quelle: Charles Darwin Universität, Australien).  2,5 Milliarden Menschen einschließlich etwa 370 Millionen Indigene leben noch immer in einer Form, die auf die nachhaltige und bewahrende Nutzung ihres Landes ausgerichtet ist. Auf dem Land indigener Völker findet man 80% der globalen Artenvielfalt.

Laut Aussagen der FAO produzieren Kleinbauern mit 1 bis 2 Hektar Anbaufläche weltweit 80% der erzeugten Lebensmittel. Dafür stehen ihnen aber nur 12% der globalen Anbaufläche zur Verfügung, was bedeutet, dass sie pro Flächeneinheit wesentlich mehr produzieren als industrielle Großbetriebe.

Kleinbäuerliche Betriebe wirtschaften in der Regel wesentlich umweltfreundlicher, da sie ohne oder mit vergleichsweise wenig Einsatz von Kunstdüngern oder Pflanzenschutzmitteln auskommen, weil ihnen dafür zum einen die finanziellen Mittel fehlen und sie zum anderen meist nach traditionellen Methoden anbauen, die seit vielen Generationen entwickelt sehr gut ohne chemische Hilfsmittel auskommen.

Die Regionen kleinbäuerlicher Landwirtschaft sind im Vergleich zu den Agrarwüsten der westlichen industriellen Landwirtschaft Gebiete voller Leben, in denen sich Menschen, Nutztiere und auch zumindest kleinere Wildtiere einen gemeinsamen Lebensraum teilen. Rechnet man die Regionen hinzu, die weltweit von zahlreichen Hirtenkulturen extensiv genutzt werden und die diese mit vielen auch großen Wildtieren teilen, kommt man global auf noch immer riesige Gebiete, die von Menschen kleinbäuerlich oder in extensiver Weidewirtschaft genutzt werden und die gleichzeitig wertvolle Biotope für die globale Artenvielfalt darstellen. Zusammen mit den von indigenen Gemeinschaften genutzten Gebiete (25% der Landmasse: Urwälder, Savannen, Tundren, …) stellen diese die wohl wichtigsten Regionen zukünftigen Naturschutzes außerhalb der bereits bestehenden Schutzgebiete (Nationalparks u.a.) dar.

Viele der heute bestehenden Nationalparks wurden und werden noch immer nach einem Modell aus ihren Anfangszeiten geschaffen, die die Schaffung großer menschenleerer Gebiete für Wildtiere zum Ziel hat. Wirklich menschenleere Gebiete sind global aber eher selten und viele der heutigen Schutzgebiete waren oder sind die Heimat indigener Völker oder lokaler Dorfgemeinschaften. Oft wurden diese für die Einrichtung des Parks vertrieben, zwangsumgesiedelt oder zumindest stark in ihren Nutzungsrechten für ihr Land eingeschränkt. Wenn man bedenkt, dass diese Menschen oft seit Jahrtausenden dieses Land bewirtschafteten oder extensiv beweideten und noch immer eine so reiche Artenfülle besteht, dass sie zur Schaffung eines Nationalparks animiert, kann man davon ausgehen, dass diese Menschen ihr Land durchaus im Sinne von Nachhaltigkeit und Naturschutz zu managen in der Lage waren und sind.

Und dennoch ist auch bei vielen indigenen Völkern und lokalen Dorfgemeinschaft der Einfluss der „modernen Welt“ zu spüren, der sich in Form einer wachsenden Bevölkerung, aber auch in der Nutzung moderner Kommunikationsmittel (Mobiltelefon, TV, Internet) bemerkbar macht und durch die Anbindung an die industriell geprägte Welt ganz neue Bedürfnisse schafft. Dies führt teils zur verstärkten Nutzung der natürlichen Rohstoffe, der Tierwelt und auch des Landes selbst, da dies meist die einzige Möglichkeit eines Einkommens darstellt.

Indigene Gemeinschaften sind nicht automatisch an Naturschutz interessiert, nur weil sie seit vielen Generationen nachhaltig gelebt haben. Oft entstehen mit dem Einfluss der industriell geprägten Zivilisation zahlreiche Umweltprobleme wie Plastik und Müll im Allgemeinen, Verschmutzung des Wassers, neue Krankheiten usw. und die Gemeinschaften verändern ihre Strukturen weg von der traditionellen überlieferten Lebensweise. Erst wenn sie von der Zivilisation überrannt werden in Form von Landraub, Abholzung ihres Lebensraums oder Vertreibung werden sie oft sehr schnell wieder zu den „Hütern ihres Landes“, die sie seit vielen Generationen waren, werden aktiv und engagiert oder aber resignieren an den neuen Lebensumständen.

Viele indigene Gemeinschaften haben inzwischen eigene Naturschutz- und Nachhaltigkeitsprojekte in Leben gerufen, die meist auf traditionellen Werten aufgebaut sind und auch die Bewahrung der eigenen kulturellen Werte zum Ziel haben. Diese Projekte knüpfen meist an dem an, was in der jeweiligen Region am besten funktioniert hat und somit nachhaltig ist, nämlich an der traditionellen Lebensweise und Landnutzung des dort lebenden Volkes. Projekte dieser Art sind weit nachhaltiger als von außen, etwa der Regierung oder großen Organisationen, aufgepfropfte Naturschutzprojekte, weil sie auf der über viele Generationen gewachsenen Erfahrung ganzer Völker basieren und auch weil sie mit den Menschen zusammenarbeiten und nicht gegen sie. Sie bauen nicht, wie viele Projekte westlicher Naturschutzorganisationen, auf Enteignung des Landes oder anderen Formen der Einflussnahme auf, sondern auf Kooperation in den Gemeinschaften und der Bewahrung ihrer Werte, aber auch deren Existenzsicherung und dem Schutz ihrer ureigenen Heimat, mit der indigene Völker meist sehr stark verbunden sind.

Wir setzen uns ein für indigene Völker und  lokale Dorfgemeinschaften, ihre Landrechte und das Recht, ihr Land selbst zu schützen und zu nutzen. Besonders fördern wir indigene Naturschutzprojekte, die heute immer häufiger entstehen und der Weltöffentlichkeit zeigen, dass indigene Gemeinschaften durchaus in der Lage sind, eigenverantwortlich Naturschutz zu betreiben und dabei gleichzeitig ihr Land extensiv zu bewirtschaften und ihre Kultur und Identität zu bewahren. Was Jahrhunderte oder länger funktioniert hat, kann guten Gewissens als nachhaltig bezeichnet werden und verdient unsere Anerkennung und Unterstützung, vielleicht mehr als jedes kurzfristig entwickelte Naturschutz- oder Nachhaltigkeitsmodell. Dennoch können Allianzen mit moderner Naturschutzarbeit hilfreich sein und werden von indigenen Projekten vielfach eingegangen.

 

Es ist ein erklärtes Ziel unserer Arbeit, bei der Schaffung solcher Allianzen zwischen internationaler Naturschutzbewegung und indigenen Völkern und lokalen Dorfgemeinschaften mitzuwirken, denn nur gemeinsam können so Entwicklungen gestoppt werden, die unsere Ökosysteme immer schneller zerstören und wirtschaftlichen Interessen opfern.